Feuerbestattung
Bei der Feuerbestattung wird der Leichnam der Verstorbenen (im Sarg) in einem Krematorium eingeäschert und die Asche anschließend (meist in einer Urne) beigesetzt. Unter anderem wegen einfacherer Särge und kleinerer Grabstätten und Grabmale (oft fehlen diese auch ganz) sind Feuerbestattungen häufig günstiger als Erdbestattungen. Allerdings fallen Kosten für das Krematorium an. Die Beisetzungsmöglichkeiten für Urnen bzw. Totenasche sind vor allem in den letzten Jahrzehnten vielfältiger geworden. Die Beisetzung in Form von Asche erlaubt eine weit reichende Mobilität auch nach dem Tod. Der freie Umgang mit der Urne durch die Angehörigen ist in Deutschland jedoch nicht erlaubt, es herrscht Friedhofszwang. Im Ausland gibt es hingegen häufig weitaus liberalere Regelungen.
Rechtliche Voraussetzungen
Vor der Einäscherung muss eine zweite Leichenschau durch einen Amtsarzt erfolgen. So soll eine unnatürliche Todesursache ausgeschlossen werden, die nach der Einäscherung nicht mehr festgestellt werden könnte. In Bayern ist diese zweite Leichenschau erst ab 01.07.2024 verpflichtend. Bis dahin ist die Bestätigung der zuständigen Polizeidienststelle, dass ihr keine Anhaltspunkte für einen nicht natürlichen Tod bekannt sind, erforderlich.
Eine weitere, früher erforderliche Erlaubnis der Ortspolizeibehörde ist in den meisten Bundesländern nicht mehr vorgeschrieben (Stand 2022). Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung reicht hier die zweite Leichenschau aus, es sei denn, es ergeben sich dabei Anhaltspunkte für eine nicht natürliche Todesursache. Erforderlich ist eine gesonderte Erlaubnis der Ortspolizeibehörde zur Feuerbestattung weiterhin in Baden-Württemberg und im Saarland. Sachsen verlangt eine Unbedenklichkeitserklärung des Gesundheitsamtes des Einäscherungsortes.
Historisches
1878 wurde in Gotha das erste Krematorium auf deutschem Boden eröffnet. Finanziert wurde es, wie die meisten folgenden Krematorien, von privaten Feuerbestattungsvereinen, in denen sich das fortschrittliche Bürgertum der Stadt engagierte. 1891 folgte das zweite Krematorium im Deutschen Reich in Heidelberg, ein Jahr später das in Hamburg. Die Zahl der Einäscherungen stieg in der Folgezeit nur langsam an. Um 1900 gab es weiterhin erst drei Krematorien in Deutschland. Der Anteil der Einäscherungen lag im Promillebereich.
Die christlichen Kirchen stellten sich gegen die Feuerbestattungsvereine. Die evangelische Kirche zeigte eine ablehnende Haltung, die katholische Kirche erließ 1886 ein Verbot der Feuerbestattung. Während die Evangelische Kirche schon 1920 ihren Widerstand gegen die Feuerbestattung aufgegeben hatte, erkannte die katholische Kirche erst mit dem zweiten vatikanischen Konzil im Jahre 1963 die Feuerbestattung als gleichwertig zur Erdbestattung an, auch wenn Katholiken weiterhin eher eine Erdbestattung empfohlen wird. Nach wie vor ist der Anteil der Feuerbestattung in protestantisch geprägten Regionen höher als in katholisch geprägten.
Die Popularisierung in der Arbeiterschaft brachte in den 1920er Jahren den Durchbruch der Feuerbestattung. Eine Rolle spielte dabei die Angst vor Inflation und Wirtschaftskrisen und daraus resultierend die fehlende Möglichkeit einer würdigen Bestattung. Die zunehmende Akzeptanz der Feuerbestattung war darüber hinaus auch Ausdruck eines zunehmenden technokratischen Verständnisses und einer weit verbreiteten Fortschrittsgläubigkeit.
Der Anteil der Feuerbestattungen im Deutschen Reich stieg von 1,8 Prozent im Jahr 1920 auf 7,5 Prozent im Jahr 1930. In diese Prozentsätze gehen alle Regionen des Landes ein, inklusive der traditionellen ländlichen Gebiete. In den Großstädten war der Zuspruch weitaus größer. Die Zahl der Krematorien in der Weimarer Republik stieg von 53 im Jahr 1920 auf 102 im Jahr 1930 (ausführlich dazu und zu den Entwicklungen in der Weimarer Republik: Norbert Fischer: "Vom Gottesacker zum Krematorium - eine Sozialgeschichte der Friedhöfe in Deutschland").
Statistik
In den letzten Jahrzehnten ist die Feuerbestattung weiter auf dem Vormarsch und es werden weitaus mehr Verstorbene eingeäschert als im Sarg beigesetzt. Die folgende Tabelle zeigt die Anteile der Bestattungsformen in Deutschland (zum Teil handelt es sich dabei um Mittelwerte aus verschiedenen Studien und Schätzungen von Experten, da keine anderen Daten vorlagen).
Jahr | Feuerbestattung | Erdbestattung |
1960* | 10 Prozent | 90 Prozent |
1970* | 14 Prozent | 86 Prozent |
1980* | 18 Prozent | 82 Prozent |
1993 | 33 Prozent | 67 Prozent |
1999 | 40 Prozent | 60 Prozent |
2009 | 51 Prozent | 49 Prozent |
2011 | 55 Prozent | 45 Prozent |
2014 | 60 Prozent | 40 Prozent |
2015 | 61 Prozent | 39 Prozent |
2016 | 63 Prozent | 37 Prozent |
2017 | 66 Prozent | 34 Prozent |
2018 | 68 Prozent | 32 Prozent |
2019 | 70 Prozent | 30 Prozent |
2020 | 74 Prozent | 26 Prozent |
2021 | 75 Prozent | 25 Prozent |
2022 | 76 Prozent | 24 Prozent |
* Die Angaben vor 1990 beziehen sich nur auf die BRD, in der DDR war der Anteil weitaus höher